Optimist:in oder Pessimist:in?
- charlotteenzelsber
- 6. Apr.
- 3 Min. Lesezeit
Aktualisiert: 7. Apr.
Ist das Glück ein Vogerl? Oder sind manche von uns vom Pech verfolgt? Wie wir uns Geschehnisse wie Erfolge und Misserfolge erklären, verrät uns, ob wir als Optimist:innen oder Pessimist:innen durchs Leben gehen.

„Das Leben ist, was deine Gedanken daraus machen“, sagte einst der römische Kaiser und Philosoph Marcus Aurelius. Und auch der amerikanische Psychologe Martin Seligman – der als Begründer der Positiven Psychologie gilt – würde ihm vermutlich zustimmen. Denn ob wir mit einer optimistischen oder pessimistischen Grundhaltung durchs Leben gehen, hängt nicht in erster Linie davon ab, was uns passiert – sondern vielmehr davon, wie wir das, was passiert, bewerten und interpretieren.
Wie wir unsere Welt erklären
Seligman nennt diesen inneren Erklärungsstil auch „Attribution“. Er hat untersucht, auf welche Weise wir uns Erfolge und Misserfolge erklären – und wie genau diese Denkmuster unser Wohlbefinden, unsere Motivation und sogar unsere Gesundheit beeinflussen können. Besonders drei Dimensionen sind dabei entscheidend:
1. Zeitliche Dimension: Temporär oder dauerhaft?
Menschen mit einer pessimistischen Sichtweise neigen dazu, negative Ereignisse als dauerhaft zu bewerten. Ein Misserfolg wird nicht als einmaliger Ausrutscher gesehen, sondern als Teil einer endlosen Pechsträhne. Zum Beispiel: „Ich werde immer versagen.“
Optimist:innen hingegen betrachten Rückschläge eher als vorübergehend: „Das war heute nicht mein Tag – aber das wird wieder.“ Bei positiven Ereignissen ist es genau umgekehrt: Optimist:innen glauben, dass Erfolg anhaltend sein kann – während Pessimist:innen Glück oft als kurzlebig und unkontrollierbar erleben: „Das war Zufall – morgen geht bestimmt wieder alles schief.“
2. Räumliche Dimension: Spezifisch oder global?
In dieser Dimension geht es darum, ob wir Erlebnisse auf einen bestimmten Lebensbereich begrenzen – oder ob wir sie verallgemeinern.
Ein Fehler im Job kann auf das konkrete Projekt zurückgeführt werden („Das lief nicht gut, aber ich lerne daraus.“) – oder als Beweis für ein grundsätzliches persönliches Defizit herhalten: „Ich bin einfach zu nichts zu gebrauchen.“
Gleiches gilt für positive Erfahrungen: Wer sich nach einer gelungenen Präsentation denkt „Ich habe viele Talente - unter anderem Präsentieren“, stärkt sein Selbstvertrauen. Wer stattdessen denkt „Ist heute mal ausnahmsweise gut gelaufen“, kann den Erfolg schwerer für sich verbuchen – und profitiert emotional kaum davon.
3. Persönliche Dimension: Intern oder extern?
Diese Dimension beschreibt, wem oder was wir Ereignisse zuschreiben. Liegt die Ursache bei uns selbst (intern), bei anderen oder den Umständen (extern), oder glauben wir, es sei einfach Schicksal (fatalistisch)?
Optimist:innen tendieren dazu, Erfolge sich selbst zuzuschreiben („Ich habe mich gut vorbereitet, deshalb lief es gut“) – und Misserfolge als durch äußere Umstände bedingt zu sehen („Die Bedingungen waren schwierig, das hat mich ausgebremst“).
Pessimist:innen kehren dieses Muster oft um: Sie machen sich selbst für Misserfolge verantwortlich („Ich bin unfähig“) – und halten Erfolge für Glückssache oder das Werk anderer („Die anderen waren einfach schlecht").
Was das mit Resilienz zu tun hat
Unsere Denkmuster wirken sich nicht nur auf unsere Stimmung aus – sie bestimmen auch, wie widerstandsfähig wir gegenüber Herausforderungen sind. Optimist:innen geben seltener auf, bleiben langfristig motiviert und entwickeln häufiger erfolgreiche Bewältigungsstrategien. Studien zeigen sogar, dass Optimismus mit besserer körperlicher Gesundheit und höherer Lebenserwartung verbunden ist.
Das Gute: Unser Erklärungsstil ist nicht in Stein gemeißelt. Wer sich seiner Denkmuster bewusst wird, kann sie Schritt für Schritt verändern. Dazu gehört zum Beispiel, sich in schwierigen Situationen bewusst alternative, positivere Deutungen zu überlegen – oder Erfolge aktiver anzuerkennen und auf die eigenen Fähigkeiten zurückzuführen.
Und Sie? Wie erklären Sie sich Ihre Erlebnisse?
Fragen Sie sich beim nächsten Erfolg oder Misserfolg:
War das ein dauerhafter Zustand – oder nur vorübergehend?
Gilt das für einen Bereich meines Lebens – oder übertrage ich es unbewusst auf alles?
Liegt die Ursache wirklich nur bei mir – oder spielen äußere Faktoren auch eine Rolle?
Bewusstes Reflektieren über diese Fragen kann ein erster Schritt sein, den eigenen Blick auf die Welt zu verändern – in Richtung eines gesünderen, optimistischeren Lebensstils. Denn wie schon Marcus Aurelius wusste: Unsere Gedanken formen unsere Wirklichkeit.
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